Paar das Schach spielt

Endometriose: Wenn der Kinderwunsch nicht in Erfüllung geht


Endometriose betrifft 10-15 % der Frauen im sogenannt «gebärfähigen» Alter. Durchschnittlich wird die Diagnose im Alter von 28 Jahren gestellt. Bei vielen wurden die Symptome während Jahren mit der hormonellen Empfängnisverhütung gelindert oder unterdrückt. Gerade bei Jugendlichen werden Periodenschmerzen sehr häufig mit der «Pille» behandelt. Mit dem Absetzen sind die Schmerzen wieder da und manchmal bleibt die erhoffte Schwangerschaft aus.

Gut zu wissen

Obwohl Endometriose und unerfüllter Kinderwunsch einen Zusammenhang haben, werden 60-70 % der Patientinnen spontan und problemlos schwanger.

Umgekehrt wird die Diagnose einer Endometriose nicht selten erst im Kinderwunschzentrum gestellt, wenn der Kinderwunsch spontan nicht in Erfüllung geht. Wir rechnen damit, dass 30-40 % der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch eine Endometriose haben: als Hauptursache, Teilfaktor oder Grund für eine erschwerte Sterilitätstherapie.

Wenn eine Endometriose vermutet wird oder bereits bekannt ist, sollte mit einer gründlichen Untersuchung und eventuell Therapie in einem Kinderwunschzentrum nicht zu lange gewartet werden.

Was ist Endometriose?

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut (genannt Endometrium) ähnlich ist, ausserhalb der Gebärmutter wächst. Diese Gewebeinseln können sich an Eierstöcken, Eileitern, dem Bauchfell (Peritoneum) oder sogar in anderen Körperregionen befinden. Während des Menstruationszyklus reagieren sie ähnlich wie die Gebärmutterschleimhaut, was zu Schmerzen, Entzündungen oder zu Narbenbildung (Adhäsionen) führen kann.

Warum kann die Endometriose das Schwangerwerden so schwierig machen?

Hier einige Gründe:

  • Entzündungsprozesse:

Endometriose löst chronischen Entzündungen aus, welche Verwachsungen und Vernarbungen (sogenannte Adhäsionen) verursachen. Diese können die Beweglichkeit der Eileiter einschränken, sie einengen oder blockieren. Damit ist der Transport der Eizelle in die Gebärmutter behindert oder unmöglich.

Entzündungen können auch einen negativen Einfluss auf die Befruchtungsfähigkeit der Eizellen haben.

  • Eierstockzysten (Endometriome oder auch Schokoladezysten genannt) können die Eierstockreserve reduzieren. Dies gilt ganz besonders nach einer ausgedehnten operativen Endometriom-Entfernung. Das könnte bedeuten, dass Ihnen weniger Zeit zur Erfüllung Ihres Kinderwunsches bleibt.
  • Beeinflussung der Hormonbalance: Östrogen spielt eine entscheidende Rolle bei der Endometriose. Das Ungleichgewicht zwischen den Hormonen kann die Einnistung eines Embryos in die Gebärmutterschleimhaut erschweren. Auch das Risiko für einen Abort oder eine Eileiterschwangerschaft ist dadurch leider etwas erhöht.
  • Schmerzen: Jeden Monat wiederkehrende oder chronische Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität und belasten die Paarbeziehung. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) nehmen die Lust am Sex. Sie können so stark sein, dass Geschlechtsverkehr – vor allem rund um den Eisprung – gar nicht möglich ist.

Gut zu wissen

Auch kleine Endometrioseherde – kaum mehr als blauschwarze Punkte auf dem Bauchfell - können massiv Schmerzen verursachen und die Fruchtbarkeit reduzieren. Und umgekehrt wird ein Teil der Frauen trotz sehr grossen Endometriomen rasch und unkompliziert schwanger. Warum das so ist, weiss die Wissenschaft auch heute noch nicht genau.

Bild links zeigt eine laparoskopische Aufnahme eines Endmetrioseherdes und rechts zeigt ein Ultraschallbild einer Schokoladenzyste.

Endometriose und unerfüllter Kinderwunsch: wie können wir helfen?

Medikamentöse Therapie:

Schmerzmittel: verschiedene Medikamente lindern die Beschwerden und wirken auch entzündungshemmend. Die meisten können auch eingesetzt werden, wenn Kinderwunsch besteht.

Hormone: Weil die Endometriose eine Östrogen-abhängige Erkrankung ist, werden Hormone eingesetzt, welche den Östrogenspiegel senken.

  • Mit der «Antibabypille» wird die schmerzhafte Blutung verkürzt, abgeschwächt oder unterdrückt.
  • Verschiedene Gestagene, ähnlich dem körpereigenen Progesteron als Tabletten, Spritzen, Hormonspirale oder Implantat («Verhütungsstäbchen»)
  • GnRH-Agonisten senken die Östrogenspiegel maximal und unterdrücken die Eierstockfunktion komplett.

Eine Hormontherapie bei Endometriose kann bei bestehendem Kinderwunsch nicht eingesetzt werden, da sie die normale Eireifung unterdrückt. Eine Schwangerschaft ist unter diesen Therapien (meistens) nicht möglich.

Operation: Eine Laparoskopie kann notwendig sein, um Endometrioseherde und grosse Endometriome (Zysten) in den Eierstöcken zu entfernen, Adhäsionen (Verwachsungen) zu lösen und die Anatomie möglichst wiederherzustellen, damit eine spontane Schwangerschaft möglich ist.

Wie viel Zeit bleibt nach einer erfolgreichen Operation, auf natürlichem Weg schwanger zu werden? Das ist nicht nur von der Endometriose, sondern auch von Zusatzfaktoren wie Spermienqualität, Alter etc. abhängig. Im Operationsbericht wird der Schweregrad der Endometriose klassifiziert.  Der EFI =Endometriosis Fertility Index gibt Hinweise dafür, wie rasch eine Kinderwunschtherapie sinnvoll ist. Selbstverständlich berät Sie die Operateurin/der Operateur oder unser Ärzteteam gerne.

Kinderwunschbehandlungen:

Endometriose ist eine chronische Krankheit, die bei vielen Betroffenen ohne östrogensenkende, medikamentöse Unterdrückung leider zurück kommt. Eingriffe an den Eierstöcken, vor allem mehrmalige, können zudem die Eierstockreserve reduzieren. Das heisst, die biologische Uhr tickt etwas schneller. Es ist deshalb oft sinnvoll, frühzeitig mit einer Kinderwunschtherapie zu beginnen.

  • Insemination: Wenn die Dyspareunie den Geschlechtsverkehr zum «richtigen» Zeitpunkt erschwert oder unmöglich macht, können mit einer Insemination die Spermien in die Gebärmutter eingebracht werden.
  • In Vitro Fertilisation IVF/ICSI: Vielleicht tönt es für Sie im Moment etwas schockierend – die künstliche Befruchtung IVF/ICSI ist zwar der aufwändigste aber oft der schnellste und erfolgreichste Weg zu Ihrem Baby. Gerne beraten wir Sie in unserem Kinderwunschzentrum.

Kinderwunsch mit Endometriose: von der Hoffnung zur Erfüllung

Endometriose und Kinderwunsch müssen sich nicht ausschliessen. Mit der richtigen Kombination aus medizinischer Behandlung, Geduld und Unterstützung durch ein spezialisiertes Team ist es möglich, den Traum von eigenen Kindern zu verwirklichen. Gerne besprechen wir mit Ihnen individuelle Möglichkeiten und planen gemeinsam die nächsten Schritte.

Autor: Dr. med. Gabriele Rauscher

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